14.08.2023

Simplified Technical English: Einfache Sprache für die internationale technische Dokumentation

Simplified Technical English (STE) macht die technische Dokumentation und Übersetzung effizienter und verständlicher. Richtig angewandt, führt STE zu Texten, die einfach zu erstellen, effektiv zu lokalisieren und sicher anzuwenden sind. Davon profitieren alle beteiligten Bereiche und Personen.

Warum Simplified Technical English?

Englisch ist heute die internationale Sprache vieler Branchen und deshalb auch die Sprache, in der technische Dokumentationen am häufigsten verfasst werden. Es ist aber oftmals nicht die Muttersprache der Leser:innen – oder auch der Autor:innen – der Dokumentationen. Viele Nicht-Muttersprachler:innen haben begrenzte Englischkenntnisse und verstehen komplexe Satzstrukturen und die mögliche Vielzahl von Bedeutungen und Synonymen englischer Wörter eventuell falsch. Daraus resultierend, können komplexe technische Anweisungen, Wartungs- und Bedienungsanleitungen missverstanden werden und zu folgenschweren Fehlanwendungen führen.

Simplified Technical English (STE) macht technische Texte für alle Leser:innen leicht verständlich. Es dient als wichtige Ressource für die technische Dokumentation und das technische Schreiben, vereinfacht das korrekte Verständnis der Anwender:innen von Anweisungen und Anleitungen, beseitigt sprachliche Barrieren und reduziert Human-Factor-Risiken.

Ziele von Simplified Technical English:
  • Mehrdeutigkeiten reduzieren und Klarheit in technischen Texten sicherstellen
  • Verständlichkeit für Nicht-Muttersprachler:innen der englischen Sprache erhöhen
  • Einfache und damit auch günstige Übersetzungen ermöglichen – und damit auch bessere Bedingungen für maschinelle Übersetzung schaffen

Was genau ist Simplified Technical English?

Simplified Technical English (STE) ist eine kontrollierte Sprache, bei der der Wortschatz von natürlichem Englisch für einen bestimmten Zweck auf eine standardisierte Teilmenge mit eingeschränkten Schreibregeln begrenzt wird. In seinem kontrollierten Vokabular hat jeder Begriff genau eine Bedeutung und es lässt nur bestimmte grammatische Formen mit definierter Syntax zu.

STE ist nicht mit Einfacher Sprache oder dem formal ähnlichen Basic English zu verwechseln, das als „Welthilfssprache“ für den allgemeinen Sprachgebrauch geschaffen wurde.

Woher stammt Simplified Technical English?

STE wurde in den 1980er Jahren für Wartungsdokumentationen in der zivilen europäischen Luftfahrtindustrie entwickelt. Seinerzeit eine Boom-Branche, die immer komplexer wurde und selbst für Fachleute immer schwerer lesbare technische Dokumente hervorbrachte – was mehrere negative Folgen hatte: Weil 80 Prozent der Mitarbeiter:innen keine Muttersprachler:innen waren, wurde es zunehmend schwierig, ordnungsgemäße Wartungen durchzuführen und die Verfügbarkeit der Flugzeuge zu gewährleisten. Um technische Dokumente zu übersetzen, mussten die Fluggesellschaften mehr investieren. Und obwohl neue Mitarbeiter:innen gebraucht wurden, verringerte sich der Zulauf, weil schwer verständliche Benutzer- und Wartungshandbücher enorme Einstiegshürden bildeten.

Um dieses Dilemma zu lösen, haben sich die Fluggesellschaften schließlich an die European Association of Aerospace Industries (Association Européenne des Constructeurs de Matériel Aérospatial“, AECMA) gewandt. Diese rief 1983 das Projekt „Simplified English“ ins Leben und entwickelte den ersten „AECMA Simplified English Guide“.

Der seither in mehreren Ausgaben und Überarbeitungen veröffentlichte Leitfaden, der seit 2004 „Simplified Technical English“ heißt, ist heute ein Standard der Aerospace and Defence Industries Association of Europe (ASD) als Nachfolgeorganisation der AECMA. Deshalb lautet die vollständige Bezeichnung auch ASD-STE100 Simplified Technical English. Die Kurzform ist STE.

Obwohl STE eine stabile und konsolidierte Struktur hat, wird die kontrollierte Sprache im Einklang mit der technologischen Entwicklung gehalten und auf der Grundlage des kontinuierlichen und wichtigen Feedbacks der Benutzer:innen weiterentwickelt.

Die aktuelle Ausgabe des ASD-STE100 Leitfadens steht als Download zur Verfügung.

Heute ist STE so erfolgreich, dass es auch in anderen Branchen und über die Wartungsdokumentation hinaus zum Einsatz kommt. Inzwischen wird ein Großteil der primären Texte technischer Dokumente in STE geschrieben. Außerdem ist es Thema in den akademischen Bereichen der Ingenieurwissenschaften und der Linguistik.

Welche Regeln hat Simplified Technical English?

Der Leitfaden „Simplified Technical English“ ist in zwei Teile gegliedert: Regelteil und Wörterbuch. Der Regelteil umfasst Vorgaben für Grammatik, Stil und Wortwahl in verfahrensbezogenen und beschreibenden Texten. Außerdem enthält er eine umfangreiche Liste mit Einschränkungen bezüglich der Formulierung.

Das Wörterbuch des Leitfadens listet zulässige und unzulässige Termini auf. Die Liste mit 850 Wörtern, mit deren Hilfe die technische Dokumentation lesbarer, leichter zu pflegen und kostengünstiger zu lokalisieren ist, bildet das Kernstück.

Welche Vorteile hat Simplified Technical English für die technische Übersetzung?

Weniger Text, mehr Wiederholungen

Durch die vereinfachte und standardisierte Syntax und Wortwahl wird die Übersetzung mit Englisch als Quellsprache erleichtert und damit kostengünstiger. Da sich das Textvolumen um mindestens 20 Prozent reduziert und der verbleibende Text sich immer mehr wiederholt, führt die Verwendung von Simplified Technical English in der Regel zu 30 bis 40 Prozent geringeren Übersetzungskosten.

Verwendung von Translation Memorys

STE reduziert die sprachlichen Varianten. Dank des eingeschränkten Vokabulars und der STE-Regeln gibt es im Vergleich zum Standard-Englisch weniger Möglichkeiten, einen bestimmten Sachverhalt auszudrücken. Dies ermöglicht und erleichtert die Arbeit mit einem Translation Memory. Denn je weniger mögliche Varianten es gibt, desto wahrscheinlicher gibt es für den gewünschten Sachverhalt bereits übersetzte und freigegebene Wörter oder Sätze im Translation Memory, die von dem:der Übersetzer:in in den Text übernommen werden können.

Bessere Verständlichkeit, effektivere Übersetzungen

Wie erläutert, sind verständliche Texte nicht nur für die Leser:innen gut. Auch Übersetzer:innen kommen schneller und effektiver voran, wenn der Quelltext verständlich und eindeutig formuliert ist. In STE verfasste, verständliche Texte sorgen für weniger Rückfragen von Übersetzerseite.

Bessere Bedingungen für maschinelle Übersetzung und MTPE

Reduktion, Vereinfachung und Verständlichkeit durch die standardisierte Syntax und Wortwahl wirken sich auch auf die Verwendung von Machine Translation und Post-Editing (MTPE) aus. Wird ein in STE erstellter Quelltext maschinell (vor-)übersetzt, sinkt die Wahrscheinlichkeit von Übersetzungsfehlern und der Aufwand für das darauffolgende Posteditieren wird deutlich reduziert.

In diesem Zusammenhang auch wichtig: Dank des STE-Standards ist es auch für Nicht-Muttersprachler:innen einfacher, englische Texte direkt selbst zu erstellen, anstatt erst Quelltexte in der eigenen Sprache zu verfassen. Daraus zu schließen, dass Übersetzungen ins Englische durch STE nicht mehr notwendig sind, würde allerdings zu kurz greifen. Denn auch selbst verfasste, STE-basierte Texte sollten von sprach- und fachkundigen Personen gegengelesen werden. Die Aufgabe der Übersetzer:innen verlagert sich in diesem Fall zwar eher in Richtung Post-Editing, doch sie entfällt nicht komplett. Sonst würde die Qualitätssicherung entfallen.

Fazit: Unternehmen profitieren von Simplified Technical English

STE ist ein bewährter und praxiserprobter Standard. Seine konsequente Anwendung bietet Unternehmen alle grundsätzlichen Vorteile einer Standardisierung – Einheitlichkeit, höhere Produktivität und geringere Kosten. Davon profitiert zunächst einmal die technische Dokumentation:

  • Effektivität beim technischen Schreiben und Übersichtlichkeit bei der technischen Dokumentation
  • bessere Übersetzbarkeit mit Zeit- und Kosteneinsparungen bei der technischen Übersetzung

Von den Ergebnissen und Effekten profitieren letztlich alle beteiligten Unternehmensbereiche:

  • eindeutige technische Dokumentation und Kommunikation
  • in jeder Sprache klar verständliche technische Unterlagen,
    Anweisungen und Anleitungen
  • sichere technische Anwendungen und reduzierte Wartungszeiten

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