30.07.2024
Übersetzungsprozesse zwischen Kund:innen und Dienstleister automatisieren – Welche Möglichkeiten gibt es?
Übersetzungsarbeit ist das Ergebnis vieler kleiner Schritte innerhalb einer Prozesskette. Diese fängt mit der Beauftragung an, geht weiter mit der Übergabe von Übersetzungsdaten und Anforderungen an den Dienstleister und endet mit der Abgabe einer fertigen Übersetzung. Dabei gibt es einige komplexe Zwischenschritte, bei denen menschlicher Input gefragt ist – besonders wichtig ist das bei der Dateivorbereitung für die Übersetzung mit Translation-Memory-Systemen oder Qualitätskontrollen.
Potenzial für Automatisierung
An anderen Stellen im Übersetzungsprozess bietet sich jedoch Potenzial für die Automatisierung. Repetitive Aufgaben wie das Exportieren und Importieren von Dateien oder das Anlegen von Aufträgen im Kundenportal aufgrund eines Tool-Wechsels (z. B. vom CMS zum CAT-Tool) können mittlerweile maschinell erledigt werden. Diese Schritte kosten die Beteiligten nicht nur viel Zeit und Nerven – jeder manuelle Eingriff stellt auch ein Risiko dar, denn bei sich wiederholenden Aufgaben können sich Fehler einschleichen. Aus diesem Grund ist man in der Übersetzungsarbeit bemüht, vermeidbare manuelle Aufgaben in der Prozesskette zu automatisieren.
Meist geschieht dies durch den Einsatz von neuer Technologie und Software. Der Vorteil: Automatisierte Prozesse sind konsistent und präzise. Sie erhöhen die Effizienz, beschleunigen Projekte und reduzieren Fehler. Dadurch wird es den Menschen ermöglicht, sich auf komplexe und kreative Aufgaben zu konzentrieren.
Herausforderungen bei der Implementierung
Doch die Umsetzung gestaltet sich oft schwierig. Das kann selbst innerhalb von Abteilungen zu technischen und unternehmenspolitischen Komplikationen führen. Bei der Automatisierung von Prozessen zwischen zwei unterschiedlichen Parteien – etwa Auftraggeber:innen und Dienstleister, wie es bei Übersetzungen der Fall ist – müssen deutlich mehr Aspekte in Betracht gezogen werden. Ob sich eine Automatisierung lohnt oder überhaupt möglich ist, muss im Idealfall geprüft werden.
Glücklicherweise steht für den Austausch von Daten zwischen Redaktionssystemen und Übersetzungstechnologie bereits eine technische Lösung zur Verfügung. Der Verband Deutscher Redaktions- und Content Management System Hersteller e. V. (kurz DERCOM) entwickelte genau zu diesem Zweck eine eigene Schnittstelle: das Common Translation Interface (COTI). Es verfügt über drei Level für verschiedene Anwendungsfälle. Während Level 1 weiterhin einen manuellen Export, Import und Austausch von Dateien erfordert, ermöglichen Level 2 und 3 unterschiedliche Automatisierungen von Prozessen zwischen Auftraggeber:innen und Übersetzungsdienstleister.
Vorhandene Lösungen: die COTI-Schnittstelle
Ab COTI-Level 2 ist es möglich, das Tool der Auftraggeberseite (z. B. ein Redaktionssystem) mit dem Tool auf Übersetzungsdienstleisterseite (z. B. ein CAT-Tool oder ein Übersetzungsmanagement-Tool wie oneTask) miteinander zu verbinden. Dadurch haben beide Seiten Zugriff auf einen gemeinsamen Ordner oder Service und die Tools können eigenständig ohne das Eingreifen der Beteiligten Dateien ablegen, abholen und Informationen austauschen. Manuelle Exporte oder Importe von Dateien vor und nach der Übersetzung fallen weg, aber auch das Zusammenstellen von Projektinformationen (z. B. Sprachen und Liefertermine.) und die Beauftragung der Übersetzung können automatisch erfolgen. Die Schnittstelle kann ab Level 3 sogar auf Dateien verzichten und Informationen zwischen den Tools nur noch über pure Daten kommunizieren. Im Folgenden betrachten wir das Pro und Contra für die Einführung einer Schnittstelle zur Automatisierung.
Vor- und Nachteile der Integrierung einer COTI-Schnittstelle
Anwendungsfall intern: Anbindung eines Redaktionssystems (z. B. CMS, PIM) an die unternehmensinterne Übersetzungstechnologie
Vorteile:
- Keine menschlichen Fehler bei sich wiederholenden Aufgaben mehr
- Deutlicher Effizienzgewinn bei repetitiven Aufgaben wie Export und Import
- Zeitgewinn bei der Erstellung intern verwalteter Übersetzungsprojekte
Nachteile:
- Anschaffung eines internen CAT-Tools samt der dafür notwendigen IT-Infrastruktur und Lizenzen
- Tiefgreifende CAT-Tool-Kenntnisse und Personal für Administration notwendig
- Zuweisung von Übersetzungsprojekten und Auftragserteilung an Dienstleister muss gegebenenfalls weiterhin manuell erfolgen oder zusätzlich automatisiert werden
- Terminologiemanagement muss ebenso intern erfolgen
Anwendungsfall extern: Anbindung eines Redaktionssystems (z. B. CMS, PIM) an externe Übersetzungsdienstleister (z. B. an Kundenportal oneTask)
Vorteile:
- Keine menschlichen Fehler bei sich wiederholenden Aufgaben mehr
- Deutlicher Effizienzgewinn bei repetitiven Aufgaben wie Export und Import
- Kein Einlernen in ein Kundenportal für Auftraggeber:innen
- Schnellere und einfachere Auftragsvergabe
- Kein eigenes, internes CAT-Tool, kein Admin und keine Tool-Kenntnisse notwendig
- Die Projektanlage sowie projektspezifische Set-ups der CAT-Tools samt Workflows und Qualitätschecks können voll an Übersetzungsdienstleister ausgelagert werden.
Nachteile:
- Bei mehreren Übersetzungsdienstleistern ist das Aufteilen von Aufträgen technisch aufwändiger.
Weitere Automatisierungsmöglichkeiten im Übersetzungsprozess
Die Automatisierung von Übersetzungsprozessen ist neben der direkten Anbindung durch eine Schnittstelle auch auf anderen Wegen möglich. In der Praxis werden besonders aufwändige Prozessschritte durch spezifische Programmierungen vereinfacht. Im Bereich der Terminologieverwaltung kann beispielsweise die manuelle Prüfung und anschließende Bearbeitung unternehmenseigener Terminologiedatenbanken maschinell teilautomatisiert werden. Je nach Größe des Terminologiebestands erfordert diese Aufgabe die Untersuchung von mehreren tausend Einträgen in verschiedenen Sprachen und ist entsprechend zeitaufwendig sowie fehleranfällig. Durch skriptbasierte Teilautomatisierungen an mehreren Stellen im Bereich Terminologie tritt oneword diesem Problem entgegen: Gezielte, automatisierte Analysen erlauben es, schnell einen Überblick des Bereinigungspotenzials in Datenbanken zu verschaffen. Auch die notwendigen Bereinigungsmaßnahmen, die aus der Analyse ab- und eingeleitet werden, können durch Teilautomatisierungen vereinfacht werden, beispielsweise durch maschinelle Prüfungen der Korrekturen vor deren Aufnahme in die Datenbank. Dieser Service nennt sich oneCleanup. Zudem nutzen wir Skripting, um übersetzungsbegleitende Terminologiearbeit, wie etwa das Ergänzen fremdsprachiger Terminologie, für alle Beteiligten zu vereinfachen, sowie für die Bereinigung von Translation Memorys.
Nicht zuletzt bestehen Automatisierungsmöglichkeiten auch im Einsatz von Zusatzsoftware, die auf die Vereinfachung bestimmter Prozessschritte zugeschnitten ist. Für Länderkorrekturen und fachliche Prüfungen setzen wir zum Beispiel auf unsere Online-Korrekturplattform oneReview: Durch automatisierte Workflows und den zentralen Echtzeitzugriff für alle Beteiligten werden komplexe Korrekturprozesse effizient und weniger fehleranfällig. Die Anbindungen an gängige CAT-Systeme automatisieren zudem die Projekterstellung sowie die finale Übertragung der Änderungen in das Dokument und Ihr Translation Memory.
Fazit
Die Automatisierung von Übersetzungsprozessen, insbesondere durch Schnittstellen wie COTI, bietet Ihnen erhebliche Vorteile wie erhöhte Effizienz und Fehlerreduktion. Sie ermöglicht eine reibungslose Abwicklung repetitiver Aufgaben und entlastet alle Beteiligten, sodass mehr Zeit für die komplexen und kreativen Aufgaben bleibt. Dabei sollte bedacht werden, dass jede Anschaffung und Anbindung auch mit Kosten und technischem Aufwand verbunden ist. Die Vorteile überwiegen in den meisten Fällen jedoch deutlich.
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