24.02.2025
Kosten gegen Qualität? Was maschinelle Übersetzung wirklich spart
Ein frisch zubereitetes Tiramisu vom Chefkoch, ein solides Dessert aus dem Café oder doch die günstige Variante aus der Plastikverpackung? Die Wahl hängt von Budget, Qualitätsanspruch und Zeitfaktor ab – und ähnlich verhält es sich mit der Übersetzung in der Technischen Dokumentation. Auch hier hat man mit Humanübersetzung, maschineller Übersetzung (MT) mit Post-Editing (MTPE) oder reiner MT drei Wahlmöglichkeiten. Während die Kostenersparnisse verlockend sind, bergen sie auch Risiken.
Übersetzungsoptionen im Vergleich
Übersetzungen in der Technischen Dokumentation stehen immer im Spannungsfeld zwischen Qualität und Kosten. Doch wie groß ist das tatsächliche Einsparpotenzial, und welche Risiken birgt der Einsatz maschineller Übersetzung? Ein genauer Blick auf die möglichen Prozesse hilft, diese Fragestellung zu beantworten und Entscheidungen zu treffen.
Mehrsprachigkeit ist bei Weitem kein Fremdwort in der Technischen Dokumentation: Laut einer tekom-Studie von 2013 übersetzten schon damals fast zwei Drittel der befragten Industrieunternehmen ihre Dokumentation in mindestens zehn Sprachen. Hinzu kommt ein hohes Textvolumen. Im Durchschnitt werden zu einem Produkt rund elf Informationsprodukte erstellt. Beides sieht auf den ersten Blick also nach einem deutlichen Kostenfaktor aus. In einer von oneword durchgeführten Umfrage unter Technischen Redakteur:innen haben wir die Anteile verschiedener Teilprozesse der Technischen Dokumentation hinsichtlich Zeit und Kosten erfragt. Dabei muss angemerkt werden, dass interne Aufwände und Kosten – zum Beispiel für die Erstellung des Ausgangstexts und die fachliche Prüfung – in den befragten Unternehmen häufig nicht detailliert erfasst werden. Externe Aufwände hingegen lassen sich genau beziffern, zum Beispiel für die grafische Aufarbeitung und Übersetzung.
Übersetzungskosten: Wo steckt das größte Sparpotenzial?
Verteilung der Zeitaufwände und Kosten auf Teilprozesse der Technischen Dokumentation (Quelle: oneword GmbH)
Unsere Abbildung zeigt die Verteilung des Zeitaufwands und der Kosten für die vier abgefragten Teilprozesse. Die Übersetzung nimmt etwas weniger als ein Viertel (23,75 Prozent) der Gesamtzeit in Anspruch, während die Erstellung in der Ausgangssprache fast die Hälfte der Zeit (47,5 Prozent) benötigt. Alle befragten Unternehmen rechneten bei der Übersetzung allerdings parallel laufende Prozesse in unterschiedlichen Sprachen als nur eine Zeitspanne. Die benötigte Zeit wird also nicht pro Zielsprache addiert. Dies gilt wiederum für alle Teilprozesse, an denen Beteiligte parallel und nicht sequenziell arbeiten. Bei den Kosten ist die Verteilung ähnlich, aber nicht identisch: Da Übersetzungen meist in mehrere Sprachen erfolgen, machen sie mit 26,75 Prozent einen größeren Anteil an den Gesamtkosten aus als ihr Zeitaufwand vermuten ließe. Anders als bei der Zeitverteilung werden die Kosten pro Sprache addiert, was die Übersetzung zu einem der größten Kostenfaktoren macht. Das bedeutet aber auch: Hier gibt es das meiste Potenzial für Einsparungen, die allerdings nicht zulasten der Qualität gehen sollten.
Hohe Anforderungen an die Qualität
Während sich bei Tiramisu der Unterschied zwischen einer frischen Zubereitung und industrieller Massenware am Geschmack zeigt, liegt der Qualitätsunterschied bei Übersetzungen oft in Details, die erst bei der Nutzung auffallen. Technische Übersetzungen erfordern höchste Präzision, da fehlerhafte oder unklare Formulierungen gravierende Auswirkungen haben können. DIN EN IEC/IEEE 82079-1 empfiehlt daher den Einsatz von Fachübersetzer:innen für die Erstellung von Gebrauchsanweisungen aufgrund der hohen Anforderungen an technische Kenntnisse und der Besonderheiten bei der Übersetzung von Technischer Dokumentation. Hohe Qualitätsanforderungen stehen also einem allgegenwärtigen Kostendruck gegenüber. Daher lohnt es sich, das Einsparpotenzial für jede der drei oben genannten Übersetzungsoptionen zu betrachten, denn wie aufgezeigt geht es um durchschnittlich 26,75 Prozent der Gesamtkosten von Technischer Dokumentation.
Technologie trifft Sprache: Wie Tools die Übersetzung effizienter machen
Die Kosten für eine Übersetzung sinken, wenn sich Zeitaufwände und Leistungen verringern. Während die Humanübersetzung den höchsten Aufwand erfordert, reduziert MTPE diesen bereits spürbar. Reine MT ist die günstigste, aber gleichzeitig risikoreichste Option. Neben den genannten Qualifikationen und Kompetenzen der Fachübersetzer:innen kommt dem effizienten Einsatz begleitender Technologien bei der Humanübersetzung eine entscheidende Rolle und auch das größte Potenzial für Einsparungen zu. Dank Translation Memorys (TM) können Übersetzungen gespeichert und wiederverwendet werden. Besonders in der Technischen Dokumentation, die häufig aktualisiert und ergänzt wird, ist dies ein wichtiger Faktor für Kostenreduktion, kurze Durchlaufzeiten und textinterne Konsistenz. Unternehmen können individuell entscheiden, ob vorhandene Übersetzungen erneut geprüft oder gesperrt als Kontext mitgeliefert werden. Diese Maßnahmen wirken sich direkt auf die Kosten aus: Während Matches aus dem TM rabattiert berechnet werden, fallen für gesperrte Segmente keine erneuten Übersetzungskosten an.
Auch systematische Terminologiearbeit und der Einsatz einer Terminologiedatenbank kann den Aufwand bei der Technischen Übersetzung deutlich verringern. Zwar führen definierte Terminologievorgaben nicht unmittelbar zu Rabatten, doch sie minimieren die Recherchearbeit, reduzieren Rückfragen und senken den Korrekturbedarf. Alle drei Faktoren verringern Aufwände und Durchlaufzeiten im Übersetzungsprozess.
Beim Einsatz von MTPE hängt das Einsparpotenzial von Faktoren wie der Qualität des eingesetzten MT-Systems, der Sprachkombination und den spezifischen Projektanforderungen ab. Je nach Ausgangslage sind dabei Einsparungen von zehn bis 30 Prozent möglich. Da dieser Rabatt nur auf den MT-Output erfolgt, ist die Kostenreduktion im Vergleich zur Humanübersetzung umso größer, je mehr neu zu übersetzenden Text ein Dokument enthält.
Auch bei MTPE ist die Integration in CAT-Tools ein Einflussfaktor. Durch die Nutzung von TM und MT werden bereits vorhandene Übersetzungen wiederverwendet und neue Inhalte maschinell vorübersetzt. Die Arbeitsschritte für Matches aus dem TM sind dann identisch zur Humanübersetzung, weshalb auch die Berechnung gleich erfolgt. Das Einsparpotenzial bei MTPE ist damit vor allem für neu erstellte Dokumentationen hoch, in denen viele Segmente erstmals übersetzt werden müssen. Anders verhält es sich bei Dokumenten, die nur überarbeitet wurden. Hier erfolgt die Einsparung vorrangig durch die Nutzung eines Translation Memorys, während MT eventuell nur noch zu marginaler Kostenreduktion führt.
Bei der Berechnung eines MTPE-Projekts kommt außerdem den Vorgaben für das Posteditieren und deren Umsetzbarkeit über Features der MT-Systeme eine große Bedeutung zu. Gibt es beispielsweise viele unternehmensspezifische Terminologievorgaben, die das MT-System nativ nicht verwendet, bedeutet dies erhebliche Nacharbeit beim Posteditieren. Über die Einbindung eines Glossars bieten einige MT-Systeme aber die Möglichkeit, diese Vorgaben direkt in die maschinelle Übersetzung zu integrieren. Damit lässt sich der Aufwand im Posteditieren deutlich verringern.
Reine maschinelle Übersetzung ohne professionelle Prüfung ist – ähnlich einem Tiramisu aus der Plastikverpackung – im Vergleich der drei Optionen das unschlagbar günstigste Angebot. Das größte Einsparpotenzial bietet dabei die Wahl des MT-Anbieters. Die Berechnung erfolgt abhängig vom Anbieter auf Zeichen, Wort oder Dokumentbasis oder durch monatliche oder jährliche Abos für professionelle und datensichere Systeme. Rein maschinelle Übersetzung ohne Abo oder Lizenzvertrag stellt für den professionellen Einsatz aufgrund fehlender Datensicherheit keine Option dar. Auch reine MT kann als hybrider Ansatz in CAT-Tools eingebunden werden, um parallel auch TM-Matches nutzen zu können.
Konsistenz nicht garantiert
Ein Stolperstein bei der maschinellen Übersetzung ist die fehlende Reproduzierbarkeit, da sich die Übersetzungssysteme durch regelmäßiges Training kontinuierlich weiterentwickeln. Das gleiche Ausgangsdokument kann deshalb heute ein anderes Ergebnis liefern als morgen. Verglichen mit der Herstellung von Tiramisu arbeiten die Maschinen also nicht nach einem Rezept (und damit mit einem reproduzierbaren Ergebnis), sondern im Freestyle, was bei jedem Versuch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Diese Variabilität wirkt sich auch direkt auf die Folgeschritte aus: Werden Dokumente für MTPE oder reine MT immer komplett an ein MT-System übergeben, müssen nach jeder Übersetzung ein vollständiges Posteditieren und eine komplette Qualitätskontrolle erfolgen. Auch fachliche Prüfung, Freigabe und Layout müssen unter Umständen erneut erfolgen. Bei Dokumentaktualisierungen sind auf diese Art also kaum Einsparungen im Vergleich zur Neuerstellung möglich, da der gesamte Prozess immer wieder von vorne beginnt.
Ein weiteres Problem beim Einsatz maschineller Übersetzung ist die Terminologie. Die Qualität der Umsetzung von Fachbegriffen variiert nicht nur innerhalb eines MT-Systems, sondern vor allem zwischen verschiedenen Systemen erheblich. Tests mit einem Satz aus der Zerspanungstechnik zeigen beispielsweise, dass der Fachbegriff „Räumen“ in drei MT-Systemen völlig unterschiedlich übersetzt wurde.
Übersetzung aus dem Bereich Zerspanungstechnik durch unterschiedliche MT-Systeme (Quelle: oneword GmbH)
Entsprechend unterschiedlich wären hier auch die Folgekosten durch den Nachbearbeitungsaufwand beim Posteditieren, um die Terminologie zu vereinheitlichen.
Bei der Vorbereitung von Dokumenten für die Übersetzung stellt sich zudem die Frage, ob alle Inhalte oder nur geänderte Textpassagen übersetzt werden sollen. Eine gezielte Auswahl neuer Inhalte kann auf den ersten Blick Zeit und Kosten sparen, birgt aber Risiken: Werden nur einzelne Textsegmente übersetzt, kann die Konsistenz zum restlichen Dokument verloren gehen. Besonders wenn die Zusammenstellung manuell erfolgt, steigt das Fehlerpotenzial erheblich – sei es durch übersehene Änderungen oder falsche Zuordnungen in der fremdsprachigen Fassung. Besonders beim Einsatz von CAT-Tools und Translation Memorys ist es daher sinnvoller, das gesamte Dokument zur Übersetzung zu übergeben. So kann das System Matches aus den Translation Memorys erkennen und vorhandene Inhalte automatisch übernehmen. Dadurch bleibt die Konsistenz gewahrt und der Arbeitsaufwand für die Nachbearbeitung wird reduziert.
Obacht bei unterschiedlichen Sprachen
Die meisten Unternehmen machen die ersten MT-Erfahrungen mit dem Sprachpaar Deutsch-Englisch. Englisch ist in Unternehmen der DACH-Region die meistbenötigte Zielsprache. Viele Nutzer:innen fühlen sich aufgrund eigener Sprachkenntnisse sicher genug, um die Qualität der maschinellen Übersetzung zu beurteilen. Wenn die englische Übersetzung aus der Maschine überzeugen kann, ist der Schritt zur Nutzung von MT für alle weiteren benötigten Zielsprachen schnell erfolgt. Dabei ist Englisch als Goldstandard jedes MT-Systems zu werten, da für diese Sprache – unabhängig von der gewünschten Sprachkombination – häufig die umfangreichsten Trainingsdaten vorliegen. Für alle weiteren Sprachen, falls sie denn vom MT-System angeboten werden, kommen die redensartlichen Äpfel und Birnen ins Spiel: Innerhalb eines Systems kann es deutliche Schwankungen in der Qualität der Zielsprachen geben. Ein Text, der grundsätzlich gut für MT geeignet ist und auf Englisch nur geringfügig korrigiert werden muss, kann also in anderen Zielsprachen deutlich mehr Nacharbeit erfordern. Auch bei gängigen Sprachkombinationen ist bei MT-Systemen außerdem mit einem Phänomen zu rechnen, das die Output-Qualität beeinflussen kann: Englisch als Relaissprache. Welche Risiken mit Relaissprachen einhergehen können, haben wir in einem eigenen Blogbeitrag thematisiert.
Bei der Nutzung einer Relaissprache innerhalb des MT-Systems werden Dokumente nicht direkt ins Spanische oder Chinesische übersetzt, sondern zunächst ins Englische und erst dann in die Zielsprache. Während dieses Vorgehen in der Humanübersetzung meist nur für Low-Resource-Sprachkombinationen (zum Beispiel Tschechisch nach Vietnamesisch) verwendet wird, in denen nur wenige oder keine Übersetzer:innen arbeiten, ist die Methode bei MT selbst für High-Resource-Sprachen wie Spanisch gang und gäbe. Sie läuft unscheinbar im Hintergrund ab, birgt aber erhebliche Risiken. Folgende Abbildung zeigt anhand des deutschen Wortes „leicht“, dass die maschinelle Übersetzung über Englisch (light) erfolgt und das Ergebnis im Spanischen „Licht“ ist:
Der Umweg über Englisch kann auch dazu führen, dass Inhalt und Detailgenauigkeit der Übersetzung leiden. Englisch drückt als Low-Detail-Sprache zum Beispiel Adjektive und Berufsbezeichnungen neutral aus, so dass sie keinem Geschlecht zugeordnet werden können. An Wörtern ablesbare Informationen aus einer High-Detail-Sprache wie Deutsch können über die Relaissprache Englisch also verloren gehen.
Fazit: Einsparungen nur mit Vorsicht genießen
Welche der genannten Übersetzungsoptionen für Technische Dokumentation gewählt wird, hängt von Qualitätsanspruch, Zeit und Budget ab. Maschinelle Übersetzung gepaart mit menschlichem Know-how in Form von MTPE kann den Übersetzungsprozess deutlich beschleunigen und vor allem Kosten senken. Translation Memorys und Terminologiedatenbanken spielen dabei eine wichtige Rolle, um Konsistenz zu sichern, während Post-Editing durch erfahrene Übersetzer:innen die Qualität gewährleistet. Durch eine Machbarkeitsanalyse kann jedes Übersetzungsprojekt vorab auf Eignung für MT, aber auch auf den optimalen Ressourceneinsatz hin überprüft werden. Denn die Wahl des MT-Systems hat einen großen Einfluss auf den Output, genau wie der Umfang an Vorgaben und Projektspezifikationen. Doch Vorsicht: Nötige Korrekturen am MT-Ergebnis können die Zeitersparnis auch schnell wieder einholen. In wenigen Fällen, zum Beispiel zum ausschließlichen Informationsgewinn für interne Dokumente, reicht vielleicht die reine MT. Für Veröffentlichungen und sobald Risiken im Fall von Übersetzungsfehlern bestehen, sollte immer auf MTPE oder Humanübersetzung gesetzt werden. Unendliche Einsparungen sind auch im Übersetzungsbereich nicht möglich, wenn man noch eine hochwertige Dienstleistung und hohe Qualität erwartet. Oder: Wer zu ungekühltem Tiramisu greift, darf sich später nicht über Bauchschmerzen wundern.
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