24.10.2024

Maschinelle Übersetzung in Unternehmen: Muss es gleich die Goldmedaille sein?

Viele Unternehmen gehen an den Einsatz von maschineller Übersetzung (MT) wie an einen olympischen Wettkampf heran: Sie halten den Einsatz nur dann für sinnvoll, wenn die Maschine auf ihre Bedürfnisse trainiert und abgestimmt wird und gehen daher von immensem Vorbereitungsaufwand und hohen Investitionskosten aus. Gleichzeitig haben sie hohe Erwartungen an den Einsatz und vor allem das Ergebnis und damit einhergehende Einsparungen im Übersetzungsbereich. Diese Haltung führt häufig zum Zögern, MT „untrainiert” auszuprobieren und in generischer Form im Unternehmensalltag zu nutzen. Doch wie beim Sport gilt: Es muss nicht gleich Olympia-Gold sein. Wir zeigen, dass sich auch mit abgelaufenen Sportschuhen Großes erreichen lässt.

Warum generische MT bereits den Unterschied macht

Die Annahme, dass nur ein maßgeschneidertes – also unternehmensspezifisch trainiertes – MT-System wirklich brauchbar ist, hält sich hartnäckig. Doch der Einsatz von MT muss nicht immer gleich mit aufwendiger Datenkuratierung, Trainingszyklen und entsprechend hohen Investitionskosten einhergehen. Denn auch generische MT-Systeme – also Maschinen, die nicht speziell auf die Anforderungen eines Unternehmens oder Fachbereichs trainiert wurden – können je nach Sachgebiet, Textsorte und Sprachrichtung sehr gute Ergebnisse liefern. Um den Vergleich zum Sport zu ziehen: Für eine Sportart, die man gerne ausprobieren möchte, sollte man sich auch nicht gleich die komplette Profi-Ausrüstung zulegen (auch wenn viele Menschen genau so vorgehen), sondern erstmal in vorhandenen Sportsachen oder mit geliehenem Equipment die ersten Versuche starten. Wenn es um eher allgemeinsprachliche Übersetzungen und standardisierte Fließtexte geht, bei deren Übersetzung aber Geschwindigkeit und Kosteneffizienz gefragt sind, ist der Einsatz generischer MT-Systeme sinnvoll, um „aus dem Stand” Einsparungen zu erzielen und den MT-Prozess für sich auszuprobieren.

Denn im Gegensatz zur maßgeschneiderten Lösung sind generische MT-Systeme direkt verfügbar und benötigen keinen zeit- und ressourcenintensiven Trainingsprozess. So können Unternehmen besonders schnell auf fremdsprachliche Inhalte zugreifen, was vor allem bei hohen Übersetzungsvolumen zu deutlichen Einsparungen führen kann. Die Nutzung generischer MT sollte allerdings im Unternehmenskontext immer mit der Beauftragung eines Post-Editings – also der menschlichen Überprüfung des MT-Ergebnisses durch Fachübersetzer:innen – einhergehen, vergleichbar also mit der Anleitung und Überprüfung durch Trainer:innen, wenn man die ersten Schritte in einer neuen Sportart wagt. Denn selbst bei großem Interesse würde wohl niemand ohne Hilfestellung und Regelkenntnis zum Hockeyschläger greifen oder womöglich Springreiten für sich ausprobieren. Anstatt aber den gesamten Text manuell zu übersetzen, erhalten Posteditor:innen die maschinelle Vorübersetzung zur Prüfung und Korrektur. Das MT-Ergebnis bietet dabei eine solide Grundlage, auf der alle nötigen Anpassungen vorgenommen werden. Im Vergleich zur Humanübersetzung ergibt sich oft ein deutlicher Zeit- und Kostenvorteil bei qualitativ meist vergleichbarem Endergebnis.

Der Weg der Optimierung: Kleine Schritte bis zum Siegertreppchen

Im Vergleich zu generischen MT-Systemen bieten unternehmensspezifisch trainierte MT-Lösungen die Möglichkeit, der Maschine firmeneigene Vorgaben und Anforderungen sowie spezifische Fachtermini mitzugeben, um von vornherein die Qualität des MT-Outputs zu steigern und damit die manuelle Nachbearbeitung zu reduzieren. Doch der Weg dorthin ist, ähnlich wie bei Olympia, nicht immer einfach und erfordert definitiv Ressourcen und Zeit, die nicht jedes Unternehmen aufbringen möchte. Auf dem Weg vom Freizeitsport zur Weltspitze gibt es ja aber zum Glück einige Zwischenetappen, um das Ergebnis Schritt für Schritt zu steigern und so dem Siegertreppchen näher zu kommen.

Am Anfang steht die Einschätzung der Machbarkeit. Denn nur weil technisch fast jeder Text maschinell übersetzt werden kann, macht dies im Hinblick auf Qualität und Nacharbeit nicht immer Sinn. Hierbei spielen Faktoren wie das MT-System, die Sprachkombination, das Sachgebiet und die Qualität des Ausgangstexts eine große Rolle. Grundsätzlich kann und sollte kein Text kategorisch ausgeschlossen werden: Beispielsweise kann ein Marketingtext ins Englische sehr gute Ergebnisse liefern, während ins Französische eine umfangreiche Nachbearbeitung nötig wäre. Im Softwarebereich werden kontextlose GUI-Texte wahrscheinlich zu vielen Fehlern in der Vorübersetzung führen, während längere Fehlermeldungen gute Ergebnisse liefern. Wichtig ist daher eine individuelle Betrachtung im Rahmen einer Machbarkeitsanalyse, um zu prüfen, wo der MT-Einsatz einen Mehrwert bietet.

Durch übersetzungsgerechtes Schreiben kann im Vorfeld bereits die Qualität der Ausgangstexte optimiert werden, was auch der maschinellen Übersetzung entgegenkommt. Denn wenn der Ausgangstext klare, präzise Satzstrukturen und keine unnötig komplexen Formulierungen aufweist, entstehen weniger maschinelle Übersetzungsfehler. Zu dieser Optimierung gehört auch die Standardisierung von Formaten und Satzstrukturen, um fehlerhafte Segmentierungen zu vermeiden. Durch diese Maßnahmen kann also die Übersetzungsqualität verbessert werden, ohne dass Anpassungen an der MT-Lösung erforderlich sind. Unternehmen können so mit geringem Aufwand die Effizienz der maschinellen Übersetzung steigern und Missverständnisse minimieren.

Die Erstellung und Einbindung eines Glossars ist eine äußerst wirkungsvolle Methode, um die Qualität von generischer maschineller Übersetzung zu optimieren. Ein Glossar enthält die wichtigsten Fachbegriffe und ihre fremdsprachlichen Äquivalente, also die festgelegten Übersetzungen. Durch diesen Input können Maschinen Fachtermini den Unternehmensvorgaben entsprechend übersetzen, anstatt die – basierend auf dem Trainingsmaterial – wahrscheinlichste Übersetzung zu verwenden. Besonders in Bereichen mit sehr fach- und branchenspezifischer Terminologie oder für Unternehmen, deren Terminologie stark vom Standard abweicht, kann die Integration der Vorgaben entscheidend für die Qualität der Vorübersetzungen sein.

Und schließlich geht, wie oben erwähnt, im professionellen Kontext kein Weg an Machine Translation und Post-Editing (MTPE) vorbei, um das Beste aus beiden Welten zu kombinieren: die Geschwindigkeit und Effizienz von MT und die Präzision und Expertise der menschlichen Posteditor:innen. Durch die professionelle Überprüfung der maschinellen Vorübersetzung wird sichergestellt, dass alle Fehler und Ungenauigkeiten der maschinellen Übersetzung effizient korrigiert werden, während Nuancen, Fachbegriffe und stilistische Feinheiten nachgeschärft werden können. Post-Editing ist aber nicht nur für generischen MT-Output entscheidend: Auch bei trainierten Maschinen gilt wie beim Sport, dass das prüfende und korrigierende Auge – im Sport die Trainer:innen, bei MT die Posteditor:innen – eine entscheidende Rolle auf dem Weg zur Bestleistung spielen. Denn Posteditor:innen können die Fehler, die unternehmensspezifische MT-Systeme machen, kategorisieren und bewerten und somit durch gezieltes Feedback zur weiteren Optimierung des Systems beitragen. Insgesamt sollte der Aufwand für das Posteditieren allerdings bei trainierten Maschinen deutlich geringer sein als bei generischer MT.

Fazit: Nutzen statt warten – MT-Potenziale erschließen

Bei der maschinellen Übersetzung ist es also ähnlich wie beim Sport: Es muss nicht gleich Olympia sein! Unternehmen müssen nicht von Anfang an die teuerste Lösung einsetzen, um maschinelle Übersetzung auszuprobieren. Schon eine generische MT kann einen großen Mehrwert bieten, Prozesse beschleunigen und Kosten senken. Unternehmen, die den ersten Einsatz lange vor sich herschieben, weil sie auf kuratierte Daten, perfekte Glossarvorgaben und optimal trainierte Maschinen zurückgreifen wollen, verzichten eventuell auf Wettbewerbs- und Kostenvorteile. Besonders in Zeiten, in denen Schnelligkeit und Effizienz entscheidend sind, um möglichst viele Märkte und Anforderungen zu bedienen. Maschinelle Übersetzung ermöglicht es definitiv, große Textvolumen in kürzester Zeit zu übersetzen und ist damit auch für Bereiche interessant, in denen häufig Aktualisierungen oder mehrsprachige Inhalte notwendig sind, wie im E-Commerce, in der Softwarelokalisierung oder in technischen Dokumentationen. Auch wenn generische MT längst nicht perfekt ist, lässt sich die Qualität durch ergänzende Maßnahmen wie Post-Editing oder die Integration von firmenspezifischen Glossaren sinnvoll verbessern. Ob es nun die Goldmedaille bei einer Meisterschaft oder die Teilnehmerurkunde beim Lokalturnier ist – entscheidend ist, den ersten Schritt zu machen und die bereits verfügbaren Möglichkeiten mit Verstand für sich zu nutzen.

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