19.08.2024

Der rote Faden im Übersetzungsprozess und in der Normenlandschaft

In unserem Beitrag zu den wichtigsten DIN-Normen im Übersetzungsprozess haben wir einen Überblick der zentralen Normen gegeben, die in den verschiedenen Phasen der Texterstellung, Übersetzung und Terminologiearbeit Anwendung finden. Angesichts der wachsenden Anzahl an Normen, die alle Schritte des Übersetzungsprozesses abdecken, wird es immer wichtiger, den roten Faden nicht zu verlieren, der sich durch all diese Normen zieht. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die Bedeutung von Übersetzungsprojektspezifikationen als verbindendes Element und die zentrale Rolle, die sie in der Normenlandschaft spielen.

Qualität als Grundvoraussetzung

Egal, ob es sich um die Herstellung von Produkten oder die Erbringung von Dienstleistungen handelt: Qualität ist der Schlüssel zum langfristigen Erfolg. Auch in der Übersetzungsbranche ist die Qualität entscheidend. Laut ISO 9000 ist Qualität dann erreicht, wenn die vorher definierten Anforderungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung erfüllt sind. Im Bereich der Übersetzungen variieren diese Anforderungen je nach Auftraggeber:in, Abteilung, Textsorte oder spezifischem Auftrag.

Anforderungen können in unterschiedlichen Formen auftreten:

  • Implizit, wie beispielsweise die fehlerfreie Umsetzung von Rechtschreibung und Grammatik.
  • Konkret, wie in einer Anweisung: „Produktnamen und gelb markierte Wörter dürfen nicht übersetzt werden.“
  • Obligatorisch, wie in Normen festgelegt, z. B. dass nach ISO 17100 eine Revision der Übersetzung erfolgen muss.

Anforderungen drücken die Bedürfnisse und Erwartungen der Auftraggeber:innen aus. So kann es sein, dass eine Übersetzung den Inhalt nur grob verständlich wiedergeben soll und so trotz Rechtschreibfehlern die geforderte Qualität erreicht. Sind in einem anderen Fall durch strikte Checklisten und Stilrichtlinien streng definierte Vorgaben zu erfüllen, führen schon kleine Fehler zu großen Qualitätsverlusten. Fehlende oder ungenügend dokumentierte Anforderungen führen somit häufig zu Unzufriedenheit und ineffizienten Prozessen. Normen und gesetzliche Vorgaben helfen dabei, diese Anforderungen klar zu definieren.

Harmonisierung durch Normen

Normen setzen auf Standardisierung und Harmonisierung – mit dem Ziel, Prozesse zu verbessern, Ergebnisse vergleichbarer zu machen und Mindeststandards zu setzen. Die Übersetzungsnormen, die wir in unserem Blogbeitrag “Die wichtigsten DIN-Normen im Übersetzungsprozess” bereits vorgestellt haben, verfolgen genau dieses Ziel: Sie schaffen Transparenz und gewährleisten Qualität durch festgelegte Prozesse. Der rote Faden, der sich durch diese Normen zieht, sind die Anforderungen beziehungsweise die daraus abgeleiteten Spezifikationen. Im Folgenden erläutern wir, wie Übersetzungsprojektspezifikationen alle Phasen eines Projekts durchdringen und welche Rolle sie in den relevanten Normen spielen.

Phase 1: Redaktion des Ausgangstextes

Noch bevor der eigentliche Übersetzungsprozess beginnt, spielen Anforderungen eine zentrale Rolle. Schon beim Verfassen des Ausgangstextes müssen grundlegende Vorgaben berücksichtigt werden – etwa die präzise Formulierung und Gestaltung von Warnhinweisen oder die Strukturierung von Inhalten. Doch auch für die anschließende Übersetzung finden sich hier bereits relevante Anforderungen in Normen und Richtlinien.

Verantwortlich
Redakteur:innen

Relevante Normen/Richtlinien
DIN EN IEC/IEEE 82079-1, Medizinprodukteverordnung, Maschinenrichtlinie, Redaktionsleitfäden, DIN 8579

Rolle von Spezifikationen
In dieser Phase betreffen die Spezifikationen in erster Linie den Ausgangstext. Einige dieser Vorgaben lassen sich jedoch auch als Anforderungen auf die spätere Übersetzung übertragen. Denn was für die Anwender:innen der Dokumentation in der Ausgangssprache wichtig ist, – wenn es beispielsweise um die fehlerfreie Operation von Maschinen geht – müssen auch Anwender:innen wissen, die mit der Übersetzung arbeiten. Besonders die DIN 8579 zur übersetzungsgerechten Erstellung von Texten liefert hier wertvolle Empfehlungen zu Spezifikationen für Inhalte, die in andere Sprachen übertragen werden sollen.

Relevante Spezifikationen
Beispiele: Zielsprache(n), Verwendung von Terminologie, Konsistenz, Syntax und Stil, Formatierung, Verwendung von Symbolen und Grafiken

Phase 2: Übersetzungsvorbereitung und -beauftragung

Nachdem die Ausgangstexte fertiggestellt sind, geht es darum, die Anforderungen an die Übersetzung zu identifizieren. Auftraggeber:innen und Übersetzungsdienstleister arbeiten eng zusammen, um daraus konkrete Projektspezifikationen abzuleiten.

Verantwortlich
Auftraggeber:innen gemeinsam mit dem Übersetzungsdienstleister

Relevante Normen/Richtlinien
ISO 11669

Rolle von Spezifikationen in der Norm
ISO 11669 bildet den Grundstein für die Entwicklung von Übersetzungsprojektspezifikationen und rückt deren Bedeutung für die Qualität in den Fokus. Die Norm bietet wertvolle Unterstützung bei der Identifikation von Anforderungen – basierend auf einer anfänglichen Bedarfsanalyse und einer Risikobeurteilung möglicher Übersetzungsfehler. Sie hilft auch bei der Auswahl geeigneter Dienstleister und der Erstellung von Projektspezifikationen, die in eine schriftliche Vereinbarung münden können.

Relevante Spezifikationen
Die Norm gliedert die Spezifikationen in „Inhaltsparameter“ (z. B. Zielsprache, Zielgruppe, Zweck, Terminologie, Stil), „Prozessparameter“ (z. B. Dateivorbereitung, einzusetzende Technologien, zusätzliche Prüfschritte) und „Sonstige Parameter“ (z. B. Risiken, Referenzmaterial, erforderliche Qualifikationen, Sicherheitsanforderungen, Lieferarten, Kommunikation).

Phase 3: Planung des Übersetzungsprozesses

Die Aufgabe des Übersetzungsdienstleister ist es, den gesamten Prozess so zu gestalten, dass bei Lieferung alle Anforderungen der Auftraggeber:innen erfüllt sind. Die erarbeiteten Projektspezifikationen bilden dabei das Fundament für einen Prozess, der auf Qualität ausgerichtet ist. Die Spezifikationen sind notwendig, um überhaupt über die Wahl der passenden Technologie, die Festlegung des richtigen Übersetzungsprozesses (human vs. maschinell) und die Definition zusätzlicher (z. B. Dateivorbereitung, Softwarecheck) oder überflüssiger (z. B. Revision, Prüfung Matches) Prozessschritte zu sprechen.

Verantwortlich
Übersetzungsdienstleister (in Absprache mit den Auftraggeber:innen)

Relevante Normen/Richtlinien
DIN EN ISO 17100, DIN ISO 18587

Rolle von Spezifikationen in den Normen
Je nach festgelegten Spezifikationen wird der Übersetzungsprozess gemäß ISO 17100 (Humanübersetzung mit obligatorischer Revision) oder ISO 18587 (Maschinelle Übersetzung mit nachfolgendem Posteditieren) gestaltet und folgt manchmal auch keiner der beiden Normen (z. B. beim Verzicht auf Revision bei Humanübersetzung). Beide Normen verpflichten den Dienstleister, die Spezifikationen zu dokumentieren, an alle Beteiligten zu kommunizieren und deren Einhaltung sicherzustellen. Die Spezifikationen müssen vor der Lieferung überprüft und bei Bedarf aufgrund von Kundenfeedback angepasst werden.

Relevante Spezifikationen
Alle während dieser Phase identifizierten Spezifikationen sowie die von den Normen vorgegebenen (z. B. Auswahl geeigneter Mitarbeiter:innen, Revision als Pflichtschritt bei der Humanübersetzung)

Phase 4: Übersetzung

In dieser Phase erfolgt die eigentliche Übersetzung – entweder durch Menschen oder maschinell. Die zuvor dokumentierten Spezifikationen beeinflussen dabei den gesamten Prozess und sind für alle Beteiligten verbindlich. Unterschiedliche Prozessschritte, wie z. B. die Dateivorbereitung oder das Desktop Publishing (DTP), können jeweils eigenen Anforderungen unterliegen. Der Übersetzungsprozess umfasst daher nicht nur die Texterstellung, sondern auch die begleitenden und nachfolgenden Prüfschritte sowie die Terminologiearbeit, Verifizierung, Freigabe und das Feedback-Handling.

Verantwortlich
Alle am Prozess Beteiligten (z. B. Projektmanager:innen, Übersetzer:innen, Revisor:innen, Posteditor:innen, Terminolog:innen, Lektor:innen, SEO-Expert:innen und DTP-Spezialist:innen)

Relevante Normen/Richtlinien
DIN EN ISO 17100, DIN ISO 18587

Rolle von Spezifikationen in den Normen
Die Normen enthalten nicht nur die festgelegten Spezifikationen, die im Rahmen des Projekts eingehalten werden müssen, sondern auch Anforderungen an die Qualifikation der Beteiligten und den Einsatz von professioneller Übersetzungstechnologie. Damit wird sichergestellt, dass die nötigen Kompetenzen vorhanden sind, um die Anforderungen der Auftraggeber:innen zu erfüllen.

Relevante Spezifikationen
Alle dokumentierten und für den jeweiligen Prozessschritt relevanten Spezifikationen sowie Vorgaben zur Qualifikation und Kompetenz der ausführenden Fachkräfte sowie Mindestanforderungen an die Humanübersetzung bzw. das Posteditieren maschineller Übersetzungen

Phase 5: Evaluierung

Die Evaluierung ist die systematische Überprüfung, ob die im Vorfeld festgelegten Übersetzungsprojektspezifikationen eingehalten wurden. Sie kann nach jedem Prozessschritt erfolgen und kann sowohl von den Auftraggeber:innen als auch vom Übersetzungsdienstleister durchgeführt werden. Durch die Evaluierung wird überprüft, ob das Produkt den Anforderungen entspricht, und gleichzeitig bietet sie die Möglichkeit, Spezifikationen im Zuge des Feedbacks weiter zu optimieren.

Verantwortlich
Auftraggeber:innen, Übersetzungsdienstleister

Relevante Normen/Richtlinien
DIN ISO 5060

Rolle von Spezifikationen in der Norm
Diese Norm beschreibt einen analytischen Ansatz zur Evaluierung, bei dem segmentbasiert überprüft wird, ob der zielsprachliche Inhalt mit dem Ausgangstext übereinstimmt. Abweichungen von den Spezifikationen werden als Fehler klassifiziert und je nach Schweregrad bewertet. Die Wahl der Fehlerkategorien und deren Zuordnung erfolgt auf Basis der projektspezifischen Anforderungen.

Relevante Spezifikationen
Alle Spezifikationen, die für die Übersetzungsphase relevant waren und während des Prozesses eingehalten werden mussten.

Übersetzungsprozess und Normen, Flussdiagramm

Übersetzungsprojektspezifikationen als roter Faden im Übersetzungsprozess (Quelle: oneword GmbH)

Fazit: Spezifikationen sind die Grundlage für höchste Qualität

Übersetzungsprojektspezifikationen sind der zentrale Baustein für qualitativ hochwertige Übersetzungen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber:innen und Übersetzungsdienstleister ist unerlässlich, um Anforderungen klar zu definieren und diese kontinuierlich zu verbessern. Wenn Sie Unterstützung bei der Erstellung von Übersetzungsprojektspezifikationen benötigen, ist oneword Ihr idealer Partner! Wir bringen unsere langjährige Expertise aktiv in die Normenarbeit beim DIN-Gremium ein und haben viel Erfahrung in der Gestaltung von Übersetzungs- und Qualitätssicherungsprozessen. Kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail oder über das untenstehende Formular.

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